Tag 1.255.542 in Quarantäne (grobe Schätzung)
Anfang des Jahres hätte ich nicht zu denken gewagt, dass ich monatelang in meiner Wohnung, abgeschottet von der Außenwelt, meiner Familie und meinen Freunden ausharren müsste. Dass der Zustand von Mitte März bis Mitte Mai anhalten würde, hat mich dann doch überrascht.
Zum Zeitvertreib habe ich einen meiner durchschnittlichen Tage für dich dokumentiert.
Guten Morgen, liebe Sonne!
Täglich um sechs Uhr weckt mich die Sonne liebevoll, indem sie meine Nase mit ihren Strahlen kitzelt. Nach einem kurzen, unmotivierten Blick aus meinem Fenster beschließe ich, mich wieder hinzulegen. Mitten in der Nacht kriegt mich niemand aus dem Bett, nicht einmal die liebe Sonne!
Um neun Uhr treibt mich dann doch der Hunger in die weit entfernteste Ecke meiner Wohnung – die Küche. Um meine kulinarischen Fertigkeiten am Rosten zu hindern, nutze ich die erzwungene Zeit zu Hause und bessere meine Backkenntnisse auf. Vielleicht wäre ja noch eine Baiserhaube drinnen gewesen, wenn ich nicht so mit Sketchen beschäftigt wäre… wir werden es nie erfahren.
Egal, der Kuchen hat trotzdem hervorragend geschmeckt.
Es ist Mittagszeit… Zeit, wieder den Akku aufzuladen!
Nach drei vollen Stunden Pause ist es endlich wieder sozial akzeptiert, eine weitere Mahlzeit einzunehmen. Während das Gemüse gemütlich vor sich hin köchelt, nutze ich die Gelegenheit für ein paar Übungen. Da ausgiebige Sporteinheiten außerhalb der eigenen vier Wände wenn möglich zu unterlassen sind, schwinge ich eben den Fineliner.
Ich nehme jede körperliche Ertüchtigung dankend an. Mittlerweile sind meine Finger denen eines Bodybuilders ebenbürtig. Für das notwendige Eiweiß sorgen der Kürbis und die Bohnen im Eintopf.
Zeitvertreib am Nachmittag
Nach einem kurzen Nickerchen widme ich mich meiner Wohnung. Endlich habe ich Zeit, jede Lade und jedes Kästchen auf den Kopf zu stellen. Zu allererst widme ich mich meinem Lager für Zeichenbedarf, das selbst den Bösner vor Neid erblassen lassen würde.
Eine übersichtliche Auswahl an Füllern, Finelinern und Buntstiften darf bleiben. Der Rest wird altersgemäß sortiert und in den nächsten Monaten an die zweijährige Nichte verschenkt – gestaffelt von wasserlöslich bis „Gegenstand muss verbrannt werden, um Farbe zu entfernen“.
Hausarbeit macht hungrig
Kurz nach sechs ist es endlich soweit: ich darf das Abendessen vorbereiten. Nach der ganzen Aussortiererei fiel ich fast vom Fleisch. Ich schlang meine Pasta wie ein hungriger Tyranosaurus Rex eine Ziege hinunter… Was zum Kritzeln übrig blieb, war das Chaos, was ich in der Küche hinterließ.
Seien wir ehrlich: Zeichnen ist zehnmal besser als Geschirr abwaschen.
Gute Nacht, noch ein Quarantäne-Tag!
Nach einem durchgehend anstrengenden Tag wie heute ist es zwingend notwendig, meine Batterien bei einem ausgiebigen Binge-Streaming-Marathon wieder aufzuladen. Dem widme ich mich natürlich erst, nachdem ich es mir auf der Couch gemütlich gemacht habe. Die Stimmung muss schließlich passen.
Bevor ich mich dem flimmernden Bildschirm hingebe, frage ich mich noch kurz, was der morgige Tag für mich bereit hält…
Wenn Bettina nicht gerade inkognito als Neo-Nano-Influencer Mister Wong Wien unsicher macht, versucht sie sich im Urban Sketching, Illustrieren und Bloggen.